Interview mit Sommelière Astrid Zieglmeier
Die versierte Sommelière Astrid Zieglmeier – unter anderem Fachbereichsleiterin Gastronomie und Genuss bei der IHK München – empfindet es bis heute als Glücksfall, dass Designerin Stefanie Hering sie bat, ihre Glasserie „Domain“ unter professionellen Gesichtspunkten sensorisch zu testen. Seitdem veranstaltet Zieglmeier mit den Gläsern sogar Tastings, beispielsweise am 12. Juni 2018 in den eleganten Räumlichkeiten des Münchner Architekturbüros MangMauritz.
Was macht die Weingläser von Stefanie Hering so besonders?
Sie erfüllen sowohl vom dekorativen Aspekt her, als auch dahingehend, wie gut Weine in ihnen zur Geltung kommen, höchste Ansprüche. Diese Doppelung findet man selten. Darüber hinaus sind die Gläser auch von der Haptik her gut zu benutzen, weil man ihren gerippten Stiel bei Tisch lieber in die Hand nimmt als einen glatten, dünnen.
Warum ist es wichtig, dass man automatisch zum Stiel greift und nicht zum Glas selbst?
Dort sollten Sie ein Weinglas immer fassen. Dann können Sie es viel besser schwenken, um die Duftstoffe des Weins freizusetzen. Nehmen Sie das Glas selbst in die Hand, erwärmen Sie den Wein unnötig; außerdem sieht das Glas durch die Fingerabdrücke mit der Zeit nicht mehr schön aus. Aber auf die Idee kommen Sie bei den Gläsern von Stefanie Hering erst gar nicht.
Hat es mit diesem gerippten Stiel etwas Besonderes auf sich?
Er ist eigentlich das Hauptmerkmal von Römern – traditionellen, mitteleuropäischen Weingläsern mit einem dicken, gerippten Stiel. Nach heutigem technischen Wissen sind klassische Römer für den Genuss hochwertiger Weine völlig ungeeignet, weil das Glas selbst wie eine Schüssel geformt ist. Stefanie Hering aber hat diese tradierte Form zu wesentlich filigraneren, eleganteren Gläsern weiterentwickelt, die viel geeigneter für Wein sind als ,normale‘ Römer.
Wie konnte das gelingen?
Stefanie Hering hat sich sehr intensiv mit den Anforderungen beschäftigt, die Weingläser erfüllen müssen und dann erst die dekorative Form dafür gefunden. Ihre Gläser sind auch insofern ein Glücksfall, als sie den Bedürfnissen der Weine, für die sie konzipiert sind, perfekt gerecht werden.
Die Kollektion umfasst unter anderem Gläser für Bordeaux, Riesling und Chianti, für Chardonnay und Burgunder. Gibt es bei dieser Bandbreite so etwas wie grundlegende Formen?
Ein Glas im Bordelaiser Schnitt verjüngt sich nach oben, hat aber noch einen Schornstein, das heißt, das Glas läuft nach der Verjüngung gerade weiter. Ein Burgunderglas hat einen runden Bauch und schließt mit der Verjüngung oben ab. Man kann jeden Wein schlecht aussehen lassen, wenn man ihn ins falsche Glas schenkt: Ein Sauvignon Blanc zum Beispiel braucht unbedingt die gerade Bordelaiser Form, in einem Burgunderglas leidet er ganz extrem.
Beiden Formen gemeinsam ist die Verjüngung nach oben. Warum ist diese Verjüngung so wichtig?
Sie hält die Duftmoleküle im Glas, ähnlich wie bei einer Rose, die Sie mit beiden Händen umschließen, bevor Sie an ihr riechen. Sie nehmen Duft viel intensiver wahr, als wenn Sie die Blüte am Strauch nur zu sich herziehen. Entsprechend steigert auch das sich verjüngende Glas das Geschmackserlebnis – der Löwenanteil dessen, was wir schmecken, ist schließlich Duft. Wir kennen eigentlich nur fünf Geschmacksrichtungen. Würden Sie zum Beispiel bei zugehaltener Nase in eine Kirsche und eine Aprikose beißen, würden Sie nur Süße und Säure schmecken, könnten aber die Früchte nicht unterscheiden. Das geht erst, wenn Sie die Nase und damit die Zugänge zum Riechhirn wieder öffnen. Durch die Verbindung von Nase und Rachenraum leitet die Nase auch beim Schlucken Gerüche zum Riechhirn weiter. Und diese Gerüche tragen ganz wesentlich zu unserem Sinneserlebnis beim Weingenuss bei.
Hat auch das Material des Glases hierfür eine Bedeutung?
Absolut. Zum einen spielt der handwerkliche Herstellungsprozess der Gläser in der Glashütte Theresienthal eine enorme Rolle. Zum anderen ist der technische Werkstoff Kristallglas, mit dem Stefanie Hering arbeitet, als Material für ein Weinglas kaum zu überbieten: Beim Trinken aus einem sehr dünnwandigen Glas reagiere ich von Haus aus sensibler. Die Resonanz der Duftmoleküle ist besser, das Kristall verstärkt die sensorischen Empfindungen. Und die Gläser haben beim Anstoßen einen ganz wunderbaren, filigranen Klang.
Die Glasserie Domain von Hering Berlin finden Sie hier in unserem Shop.